Freiwillige Feuerwehren in Thüringen am Beispiel des Landkreis Eichsfeld
  6. Kooperationspartner im Landkreis Eichsfeld
 

      1.  Katastrophenschutz
1.1      Der Begriff der Katastrophe

Was ist überhaupt eine Katastrophe? Bei den meisten Ausbildungen der Feuerwehr wird diese Frage sehr einfach beantwortet. Eine Katastrophe herrscht immer dann, wenn der Landrat die Einsatzleitung übernommen hat. Im Sinne des Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetzes ist eine Katastrophe „ein Ereignis, bei dem Leben oder Gesundheit einer Vielzahl von Menschen, die natürlichen Lebensgrundlagen, erhebliche Sachwerte oder die lebensnotwendige Versorgung der Bevölkerung in ungewöhnlichem Ausmaß gefährdet oder geschädigt werden und die Gefahr nur abgewehrt werden kann, wenn die Behörden, Dienststellen, Organisationen, Einheiten, Einrichtungen und eingesetzten Kräfte unter einheitlicher Leitung zusammenwirken.“[1] Zusammenfassend gesagt: Bei einer Katastrophe besteht für viele Personen oder Sachwerte eine Gefährdung. Diese Gefährdung kann nur durch den gemeinschaftlichen Einsatz der verschiedenen Hilfsorganisationen wie Feuerwehr, Rettungsdienst und den Facheinheiten des Katastrophenschutzes abgewendet werden. Dieser gemeinschaftliche Einsatz wird von oberster Instanz, also auf Ebene des Landkreises durch den Landrat und seinem Krisenstab geleitet. 
1.2.      Allgemeines zum Katastrophenschutz
 
Um bei diesen Katastrophen ausreichend fachlich ausgebildetes Personal zu haben, welches auch die entsprechende Technik bedienen kann, ist es Aufgabe des Landkreises, sich um die Aufstellung und Unterhaltung von Katastrophenschutzeinheiten zu kümmern (vergleich Kapitel 2. Gesetzesgrundlagen und deren Umsetzung). Diese Katastrophenschutzeinheiten können sowohl aus Mitgliedern öffentlicher, als auch privater Hilfsorganisationen bestehen, so zum Beispiel Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren, des Malteser Hilfsdienstes oder des Deutschen Roten Kreuzes. Diese Organisationen können verschiedene Facheinheiten stellen. Diese Facheinheiten decken diverse Bereiche ab, so zum Beispiel Facheinheiten für Hochwasser, Extremwetterlagen, Gefahrgut / ABC, Sanitätswesen, Betreuung oder Wasserrettung. 
1.3.      Katastrophenschutz im Landkreis Eichsfeld
 
Im Landkreis Eichsfeld gibt es vier Facheinheiten des Katastrophenschutzes. Jeweils zwei werden durch den Rettungsdienst und durch die Freiwilligen Feuerwehren gestellt. Der Sanitätszug des Deutschen Roten Kreuzes mit Sitz in Worbis und der Betreuungszug der Malteser mit Sitz auf der ehemaligen Deponie bei Lenterode, sind mit Bundesfahrzeugen wie Krankentransportwagen, Arzttruppwagen oder auch Lastkraftwagen und Mannschaftsfahrzeugen ausgestattet. Im Bereich der Freiwilligen Feuerwehren gibt es zum einen den Löschzug „Wasser“ mit Hauptsitz bei der Feuerwehr in Heilbad Heiligenstadt. Dieser Löschzug ist hauptsächlich für die Errichtung der Wasserversorgung im Katastrophenfall zuständig (z.B. bei großen Waldbränden). Zu diesem Zweck stehen zwei Löschfahrzeuge LF 16 – TS, ausgerüstet mit einer eingebauten Feuerlöschkreiselpumpe (1600 Litern Nennfördermenge),sowie eine Tragkraftspritze und ein Schlauchwagen SW 2000 mit 2000 Metern B-Druckschlauch zur Verfügung. Ein Löschfahrzeug steht in Heilbad Heiligenstadt und wurde auch von der Stadt selbst beschafft. Das zweite Löschfahrzeug ist in Arenshausen untergestellt, beide Fahrzeuge sind Bundesfahrzeuge. Der zweite Löschzug der durch Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren gestellt wird, ist der Löschzug „Retten“. Dieser hat seinen Hauptsitz in Niederorschel und ist für alle Aufgaben der Feuerwehren zuständig, die etwas mit der Rettung zu tun haben (z.B. Hochwassereinsätze). Der Löschzug „Retten“ kann ebenfalls auf zwei Löschfahrzeuge LF 16 – TS, genau wie der Löschzug „Wasser“ zurückgreifen. Eines der Fahrzeuge gehört der Gemeinde Niederorschel und ist auch dort stationiert. Das zweite Fahrzeug ist ein Bundesfahrzeug und wird von der Freiwilligen Feuerwehr Dingelstädt gepflegt. Ein für den Löschzug „Retten“ angeschaffter Rüstwagen, mit schwerem Rettungsgerät, wurde aus dem Zug genommen und in einer Stützpunktfeuerwehr des Landkreises in Dienst gestellt. Aber der Löschzug „Retten“ kommt auch ohne Rüstwagen gut aus. Dem Zug gehören zurzeit ca. 25 Mitglieder aus Freiwilligen Feuerwehren unseres Landkreises an. Zugführer ist der ehemalige Ortsbrandmeister der Gemeinde Niederorschel, Hans Jürgen Richter. Unter seiner Führung war der Löschzug „Retten“, 2002 im Hochwassereinsatz beim Jahrhunderthochwasser in Sachsen. Bereits ein Jahr später war der Zug bei einem kleineren Hochwasser an der Werra tätig. Wie schon zu erkennen, ist der Katastrophenschutz im Bereich der Freiwilligen Feuerwehr nicht als „Sturmspitze“ bei Katastrophenlagen, sondern viel mehr als Ablösung und Unterstützung der Feuerwehrleute bei diesen anzusehen . Zum Glück gab es eine derartige Katastrophe in unserm Landkreis noch nicht. Des Weiteren gibt es im Landkreis Eichsfeld noch einen Gefahrgutzug, welcher verwaltungs- technisch auch mit zum Katastrophenschutz gezählt wird. Die im Gefahrgutzug eingesetzten Fahrzeuge sind über das Eichsfeld verteilt und werden in den meisten Fällen von den Mitgliedern der ortsansässigen Freiwilligen Feuerwehren besetzt. So ist zum Beispiel der Gerätewagen GW Gefahrgut zu nennen, welcher bei der Feuerwehr Worbis untergebracht ist und von dieser zum Einsatz gebracht werden kann.   Ein Gerätewagen GW Messtechnik der durch die Freiwillige Feuerwehr Westhausen einsatzbereit gehalten wird, zählt ebenso zu der Einheit. Auch ein Gerätewagen GW DEKO ist unter anderem Bestandteil des Gefahrgutzuges. Der GW DEKO ist im Feuerwehr-Technischen-Zentrum in Wintzingerode untergestellt und wird durch die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren Berlingerode und Teistungen im Ernstfall besetzt. Doch auch der Gefahrgutzug musste zum Glück bisher nur in Übungen zum Einsatz kommen.
 Den ersten Gedanken von der Aufstellung eines zivilen Ordnungsdienstes hatte 1950 der damalige Bundesinnenminister Gustav Heinemann. Seine Idee war es, eine Hilfsorganisation in Form einer Bundesanstalt zu gründen, welche sich ausschließlich mit der Sicherung der nationalen und internationalen humanitären Hilfeleistungsbereitschaft befasst. Den Startschuss zu diesem durchaus ehrgeizigen Projekt gab Heinemann am 16. September 1950 in dem er Otto Lummitzsch den Auftrag zur Gründung des Technischen Hilfswerks gab. Dies stellte einen großen Schritt in der Geschichte des deutschen Katastrophenschutzes dar. Aufgrund der damaligen politischen und kulturellen Lage im vom 2. Weltkrieg stark erschütterten Europa gab es in Deutschland kaum funktionierende Strukturen des Zivil- und Katastrophenschutzes. Nachdem alle Formalitäten seitens der deutschen Regierung überwunden waren wurde Otto Lummitzsch erster Direktor des noch jungen Technischen Hilfswerks. In der Epoche des Kalten Krieges und der Teilung Deutschlands auch zur Aufrechterhaltung der „Öffentlichen Sicherheit“ gegründet, hat sich das THW seitdem in vielerlei Hinsicht weiterentwickelt. Von Anfang an gleich geblieben, ist jedoch die humanitäre Idee, die hinter den Einsätzen der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer steht. Das ehrenamtliche Engagement trägt das THW mittlerweile nicht nur im Inland sondern auch über die Grenzen Deutschlands und Europas hinaus. Seit über 50 Jahren ist das THW täglich in Deutschland im Einsatz, um technische Hilfe zu leisten. Die kompetente Hilfe der „Blauen Engel“ reicht von den Unglücken, die in den sechziger Jahren Deutschland bewegten, wie die Sturmflut in Hamburg und das Grubenunglück von Lengede, bis zu den Hochwassern an Elbe und Oder zu Beginn des neuen Jahrtausends. Den Beginn der Einsätze des THW im Ausland markierten die Reparaturarbeiten nach der Sturmflut 1953 in den Niederlanden. Es folgten humanitäre Hilfeleistungen nach Dürreperioden, Bürgerkriegen und Erdbeben in Afrika, Europa und Südamerika sowie in Süd- und Südostasien nach der Tsunami-Katastrophe. Im Jahr 2005 leistete das THW zum ersten Mal in seiner Geschichte in den Vereinigten Staaten technische Hilfe. Heute ist das THW als international tätige Einsatzorganisation an der weltweiten Verzahnung aller Hilfsorganisationen beteiligt. Als kompetenter Partner kommt dem THW dabei sowohl bei den Vereinten Nationen als auch in der Europäischen Union eine tragende Rolle zu. In den 55 Jahren seit seiner Gründung hat das THW stets neue Wege beschritten und sich kontinuierlich zu einer der modernsten Hilfsorganisationen der Welt entwickelt. Heute ist das THW bestrebt, sich den sich verändernden Gefahrenlagen anzupassen und seine Strukturen zu optimieren. Zu diesen Veränderungen gehört unter anderem auch die Ausdehnung der Zusammenarbeit mit anderen nationalen Hilfsorganisationen. Dazu zählt an erster Stelle die Feuerwehr.
                                             
Eine Rot-blaue Kooperation ist meist dann erforderlich, wenn die Kräfte oder die technischen Möglichkeiten der Feuerwehren erschöpft sind. Dies passiert in der Regel nur bei Einsätzen mit größerem Ausmaß und in Katastrophensituationen. Die Häufigkeit konzentriert sich dabei deutlich auf extreme Naturereignisse, wie Überflutungen, Stürme oder Erdbeben. Hier profitieren die Feuerwehren vor Allen von der umfangreichen Technik und der spezialisierten Ausbildung der freiwilligen THW-Helfer. Aus diesem Grund sind einige Ortsverbände der Bundesanstalt bereits fest in den Abmarschfolgeplänen der Feuerwehren integriert. Notwendig wird dies im Eichsfeld zum Beispiel dann, wenn die Feuerwehr bei Einsätzen mit eingeklemmten Personen auf der A38 an die Grenzen ihrer technischen Möglichkeiten stößt. In diesem Fall kann der THW-Ortsverband Heilbad Heiligenstadt mit mehreren Rettungsgeräten zur Unterstützung gerufen werden. Dies war bisher allerdings noch in keinem Ernstfall erforderlich. Lediglich bei einer groß angelegten Übung, noch vor der Freigabe der Bundesautobahn war dies der Fall, um den Ernstfall so realistisch wie möglich zu simulieren. Hierzu wurden am 28. Oktober 2006 mehrere PKW, in denen insgesamt 14 Personen eingeklemmt waren und ein Gefahrgutzug der Firma LINS zu einem großen Schadensszenario zusammengestellt. Die Übung zeigte bei einer dauer von über drei Stunden äußerst eindrucksvoll, dass Feuerwehr und THW auch bei uns im Eichsfeld dazu in der Lage sind effizient zu kooperieren.
 
 


[1] ThürBKG § 23
 
  12876 Besucher (25714 Hits)  
 
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden